Einsicht versus Gesprächsverweigerung – Wie die USA und Deutschland auf den Ukraine-Konflikt blicken

In einem Beitrag für das wirtschaftspolitische Magazin Makroskop weisen Michael von der Schulenburg und Hans-Joachim Funke darauf hin, wie grundsätzlich unterschiedlich der Ukraine-Krieg in den USA und in der EU diskutiert wird. 

Von der Schulenburg war Mitarbeiter sowohl bei den Vereinten Nationen als auch bei der OSZE. Funke lehrte Politikwissenschaften und ist Autor des Buches "Ukraine – Verhandeln ist der einzige Weg zum Frieden". Sie sind folglich ausgewiesene Experten und mit der Materie bestens vertraut. 

Die USA hätten die Unterstützung der Ukraine bereits aufgegeben, schreiben die Autoren. In seiner Rede zur Lage der Nation versicherte US-Präsident Joe Biden die Ukraine zwar der Solidarität, er macht darüber hinaus aber keine Zusagen. In einem aktuellen Entwurf zur Abwendung eines Shutdowns sind Unterstützungsleistungen an die Ukraine nicht enthalten, geht aus einem Bericht der New York Times hervor. Die Autoren schreiben, auch im unwahrscheinlichen Fall einer Wiederwahl von Biden sei eine weitere Unterstützung durch die USA keineswegs ausgemacht. Die Ukraine könne den Krieg nicht mehr gewinnen, ist die Einsicht, zu der man auch bei den US-Demokraten gekommen ist. 

Im Grunde wäre dies eine große Chance für die EU, meinen die Autoren. Die EU könnte mit dem Rückzug der USA zu einer echten Friedens- und Gestaltungsmacht auf dem europäischen Kontinent werden. Doch das Gegenteil ist der Fall. 

"Und doch ist heute die Sprache des Krieges das Einzige, was die Mehrheit der europäischen Regierungen und die etablierten Medien verbindet."

Kommissionspräsidentin von der Leyen falle außer Waffenlieferungen und immer mehr Gelder an die Ukraine zu überweisen, nichts ein. Statt auf Diplomatie und Verhandlungen zu setzen, würden Forderungen laut, die EU auf Kriegswirtschaft umzustellen. Initiativen zur Beilegung des Konflikts suche man vergebens.

Das stellt auch der Blog German-Foreign-Policy fest. Unter der Überschrift "Hart wie Kruppstahl" hält er fest, dass Überlegungen, wie der Konflikt beendet werden könnte, in der aufgeheizten Atmosphäre inzwischen als "Verrat" gebrandmarkt werden. Dabei gibt es auch in Deutschland nüchterne Analytiker, die zu einem ähnlichen Ergebnis kommen wie die USA. German-Foreign-Policy verweist in diesem Zusammenhang auf Oberst a.D. Wolfgang Richter. Hinsichtlich des Unterschieds der Diskussion zwischen den USA und Deutschland zitiert der Blog Richter mit den Worten, in Übersee werde "die Lage weitaus nüchterner diskutiert als in Deutschland, wo das Moralisieren über die Realpolitik triumphiert und Verhandlungen als 'Mission impossilbe' oder gar als 'Verrat' diffamiert werden."

Richter weist darauf hin, dass im Frühjahr 2022 die Chance für einen Friedensschluss unter weitgehender Beibehaltung der territorialen Integrität der Ukraine möglich gewesen wäre. Russland war zu Kompromissen bereit. Diese Chance wurde jedoch vertan.

Nun wird die Situation für die Ukraine immer prekärer. Doch statt einzulenken und auf Verhandlungen zu drängen, setzt man in Berlin auf die weitere Eskalation und eine Politik der verbrannten Erde. Friedensinitiativen kommen weiterhin nicht aus der EU oder gar aus Deutschland.

Es sind vor allem die Länder des Globalen Südens. Als ganz aktuelles Beispiel nennt German-Foreign-Policy das Telefonat zwischen Putin und Indiens Premierminister Modi. Modi hat Putin zur Wiederwahl gratuliert. In dem gemeinsamen Gespräch wurde auch nach Möglichkeiten für eine Lösung des Ukraine-Konflikts gesucht. Im Anschluss telefonierte Modi dann mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskij.

Im Gegensatz zu derartigen Vermittlungsbemühungen ist man in Deutschland auf die populistische Position stolz, dass weder der Bundespräsident noch der Bundeskanzler Putin zum Wahlsieg gratulieren werden. Auch die Außenministerin spricht nicht mit ihrem russischen Amtskollegen. Statt sich aktiv um Lösungen und Diplomatie zu bemühen, setzt man in Berlin auf Gesprächsverweigerung. Das aber wird nicht nur in Russland mit Erstaunen zur Kenntnis genommen.

Mehr zum Thema – Wagenknecht: "Vernünftiger als Kiesewetter zu sein, macht Scholz nicht zum Friedenskanzler"

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